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Wenn der Zoll durchsucht

 

Der Zoll spielt sowohl bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Bereich der Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung als auch bei Straftaten des Arbeitsstrafrechts eine Rolle. Bei dem Verdacht solcher Taten sind die Zollfahndungsämter, die Hauptzollämter und das Zollkriminalamt zuständig für die Ermittlung und Verfolgung.

Solche Ordnungswidrigkeiten liegen bspw. bei Verstößen gegen Bestimmungen des Mindestlohngesetzes (MiLoG), Verpflichtungen des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), des Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG) und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) vor. Die arbeitsstrafrechtlichen Tatbestände ergeben sich aus dem Strafgesetzbuch und aus verschiedenen Nebengesetzen, zum Beispiel der Abgabenordnung (AO) und dem Schwarzarbeitsgesetz (SchwarzArbG).

Für die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung wurde das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) erlassen. Schwarzarbeit leistet, wer bei der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen die verschiedenen sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten und sozialrechtlichen Vorgaben nicht einhält. Das ist beispielsweise regelmäßig dann der Fall, wenn Arbeitsverhältnisse nicht ordnungsgemäß angemeldet werden. Das Gesetz regelt die Aufgaben und Befugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) bei der Überwachung und Ahndung von Verstößen gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung.  Zusätzlich normiert es Bußgeld- und Strafvorschriften, sowie Melde- und Informationspflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Häufig besteht zugleich auch der Verdacht der evasión fiscal gem. §§ 370 ff. AO. Hintergrund kann zum Beispiel das Erstellen von sogenannten facturas falsas sein. Dabei handelt es sich um Rechnungen, die einen Geschäftsvorgang nur vortäuschen bzw. verbergen oder jedenfalls über die Höhe der tatsächlichen Rechnungssumme täuschen.

Auch bei Scheinselbständigkeit kann eine Steuerhinterziehung verwirklicht werden. Von Scheinselbstständigkeit spricht man dann, wenn augenscheinlich die Beschäftigung eines selbstständigen Auftragnehmers durch den Auftraggeber vorliegt, die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses objektiv jedoch als sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung einzustufen ist, welche wiederum anmeldepflichtig ist. Merkmale für eine Scheinselbstständigkeit sind unter anderem eine klare Weisungsbefugnis des Auftraggebers, eine Berichtspflicht diesem gegenüber, sowie keine eigenen Arbeitsmittel oder Arbeitsräume. Der Zoll kann schon dann Ermittlungen aufnehmen, wenn im konkreten Fall die rechtliche Abgrenzung, ob ein Auftragnehmer selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt ist, problematisch ist. Eine festgestellte Scheinselbstständigkeit kann hohe Geldstrafen und Beitragsnachforderungen zur Folge haben.  Auch ein Berufsverbot ist möglich. 

Zu den Schwerpunkten der strafrechtlichen Ermittlungen zählt auch der Straftatbestand des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a StGB. Voraussetzung ist ein Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Absatz 2 der Norm schließt ebenso solche Fälle ein, die darauf zurückzuführen sind, dass unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht wurden, oder pflichtwidrig erhebliche Tatsachen vorenthalten wurden. Dies muss vorsätzlich begangen werden und ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder mit einer Geldstrafe bedroht. § 266a Abs. 4 StGB normiert den besonders schweren Fall für solche Fälle, in denen aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß gehandelt wird, falsche Belege, ggfs. von Dritten, verwendet werden, als Mitglied einer Band gehandelt wird oder die Mithilfe eines Amtsträgers ausgenutzt wird. Unter diesen Umständen beläuft sich die Freiheitsstrafe auf 6 Monate bis 10 Jahre. Außerdem folgen oft hohe Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen, Steuern und Zinsen. 

Von einer Bestrafung kann unter Umständen abgesehen werden, wenn bei Fälligkeit des Beitrags oder unmittelbar danach schriftlich mitgeteilt wird, wie hoch der vorenthaltene Betrag ist und die Gründe für die verspätete Zahlung unter Angabe von ernsthaften Bemühungen darum dargelegt werden. 

Eine weitere Straftat, die durch die Zollbehörden verfolgt wird, ist der Sozialleistungsbetrug nach § 263 StGB, bei welchem Sozialleistungen unrechtmäßig und entgegen der Mitteilungspflicht bezogen werden. In diesen Fällen ist eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen. Auch diese Norm sieht einen besonders schweren Fall vor, unter anderem dann, wenn gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande gehandelt wird, wenn ein Vermögensverlust von großem Ausmaß vorliegt oder wenn ein anderer in wirtschaftliche Not gebracht wird. Außerdem fallen solche Fälle unter den besonders schweren Fall, bei denen die Stellung als Amtsträger missbraucht wird oder wenn ein Versicherungsfall vorgetäuscht wird, der aus einer Brandlegung resultiert. Diese besonders schweren Fälle sind mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 10 Jahren bedroht.

Ermittlungsverfahren

Grundsätzlich werden Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft geleitet; die Zollfahndungsämtern und die Hauptzollämter führen die Ermittlungsarbeit aus. Im Rahmen ihrer Prüfungszuständigkeiten arbeitet die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), die gezielt gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung vorgehen, gemäß § 14 SchwarzArbG eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen. Nach § 152 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) agieren die Zollbeamten als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Dabei haben sie die gleichen Befugnisse wie die Polizeivollzugsbehörden nach der Strafprozessordnung und dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. Häufig werden hier speziell geschulte Beamte des Zollkriminalamts oder der Mobilen Kontrollgruppen (MKG) eingesetzt.

Das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz normiert in § 14a SchwarzArbG selbstständig durch den Zoll durchzuführende Ermittlungsverfahren. Sofern die Tat ausschließlich eine Straftat nach § 266a StGB darstellt, kann die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsbefugnisse an die Behörden der Zollverwaltung abgeben. Insofern werden damit die Rechte und Pflichten der Staatsanwaltschaft übernommen.

Zusätzlich dazu fungieren die Hauptzollämter bei dem Verdacht einer Steuerstraftat als Finanzbehörde im Sinne des § 386 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Bei reinen Steuerstraftaten sind sie damit gem. § 386 Abs. 2 AO dazu befugt das Ermittlungsverfahren zu leiten. 

Durchsuchungen

Ein relevantes Thema im Rahmen der Zuständigkeit des Zolls sind Durchsuchungen (§§ 102 ff. StPO), besonders in der Baubranche. Diese erfolgen in der Regel unangekündigt und bedürfen eines begründeten Anfangsverdachts, sowie Gründen dafür, dass in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten Beweisgegenstände aufgefunden werden können. Dazu ist ein richterlicher Beschluss nach § 102 StPO einzuholen, welcher eine Durchsuchung durch den Zoll anordnet. Ein solcher Durchsuchungsbeschluss ist nur bei Gefahr im Verzug gemäß § 105 StPO entbehrlich. Gefahr im Verzug liegt regelmäßig dann vor, wenn ohne sofortiges Handeln ein Beweismittelverlust droht oder ein Schaden an einem Rechtsgut eintreten würde. Hierbei handelt es sich um eine Eilkompetenz, die nur unter strengen Voraussetzungen in Anspruch genommen werden darf. 

Zur Prüfung von Personen und Geschäftsunterlagen sind die Behörden der Zollverwaltung gem. § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 SchwarzArbG dazu befugt, Geschäftsräume und Grundstücke des Arbeitgebers oder des Selbstständigen während ihrer Arbeits- oder Geschäftszeiten zu betreten. Hierbei dürfen sie nach § 3 Abs. 1 SchwarzArbG von dort tätigen Personen Auskünfte über ihre Beschäftigungsverhältnisse oder ihre Tätigkeiten einholen, unabhängig davon, ob diese tatsächlich oder scheinbar sind. Außerdem können sie Einsicht in Unterlagen dieser Personen nehmen, bei denen anzunehmen ist, dass daraus Erkenntnisse hinsichtlich ihres Beschäftigungsverhältnisses oder ihrer Tätigkeit hervorgehen. § 3 Abs. 3 SchwarzArbG gestattet es ihnen zusätzlich, Personalien von angestellten und selbstständigen Personen festzustellen. 

Gem. § 4 Abs. 1 SchwarzArbG sind die Zollbehörden zudem befugt, Einsicht in die Lohn- und Meldeunterlagen, Bücher und andere Geschäftsunterlagen zu nehmen, aus denen Erkenntnisse über die Beschäftigungsverhältnisse oder Tätigkeiten abgeleitet werden können. Auch dürfen sie nach § 4 Abs. 2 SchwarzArbG bei dem Vorliegen von Anhaltspunkten für die Leistung von Schwarzarbeit zusätzlich Unterlagen über die Gewerbsausübung oder der Beschäftigungsverhältnisse einsehen. Jegliche gespeicherten Daten, etwa Festplatten oder Daten in der Cloud, müssen dabei vom Arbeitgeber zugänglich gemacht werden. Das Durchsehen von E-Mail ist nur dann erlaubt, wenn es sich um ein besonders schweres Zolldelikt handelt. 

Eine solche Durchsuchung kann auch bei dem Steuerberater des Unternehmens erfolgen, und zwar dann, wenn zu vermuten ist, dass sich bei diesem konkret benannte Unterlagen des Durchsuchungsbeschlusses befinden.

Der Zoll hat zur Verfolgung von Delikten im Bereich des Arbeitsstrafrechts gegenüber dem Arbeitgeber also umfangreiche Rechte, die darin, bestehen, dessen Geschäftsräume zu betreten und entsprechende Unterlagen einzusehen. Bezüglich der Arbeitnehmer dürfen Identitätsfeststellungen getätigt und Fragen zum Arbeitsverhältnis gestellt, beziehungsweise entsprechende Unterlagen eingesehen werden. 

In schweren Verdachtsfällen können die Hauptzollämter im Auftrag der Staatsanwaltschaft auch Hausdurchsuchungen und die Beschlagnahme von Gegenständen vornehmen.

Verhalten bei einer Hausdurchsuchung 

Im Falle einer solchen Hausdurchsuchung sollte man unbedingt Ruhe bewahren und kooperieren, da Widerstand in einem späteren Gerichtsverfahren als strafschärfend gewertet werden kann. In jedem Fall macht es Sinn, von Ihrem Schweigerecht als Beschuldigter Gebrauch zu machen und keine inhaltlichen Angaben zu machen. Es kann sinnvoll sein, einen abogado hinzuzuziehen und die Beamten mit der Durchsuchung bis zur Ankunft des Anwalts warten zu lassen. Dabei sollte ein im Arbeitsstrafrecht erfahrener Anwalt hinzugezogen werden. Im Zweifelsfall sollten sie jedoch mindestens einen Zeugen hinzuziehen. 

Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss vorlegen und eine Kopie geben, denn darin steht, auf welche Räume und Gegenstände sich die Durchsuchung bezieht. Diese Gegenstände können Sie freiwillig vorlegen, einer Sicherstellung sollten Sie aber widersprechen. Gegebenenfalls werden diese dann beschlagnahmt. Dabei sollten Sie darauf achten, dass dies genauestens protokolliert wird und sich eine Kopie dessen aushändigen lassen. Begleiten Sie die Beamten bei der Durchsuchung und kontrollieren Sie, ob andere Gegenstände gesucht werden als im Beschluss genannt. Halten Sie Handlungen, die vom Beschluss abweichen und auf Fehler oder Rechtsverstöße hindeuten unbedingt schriftlich fest. Ein vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verstoß gegen die Bestimmungen von Durchsuchungen führt dazu, dass die erlangten Beweismittel unverwertbar sind.

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