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Europäischer Haftbefehl
Grenzüberschreitende Strafverfolgung und Rechtshilfe

Ein zentrales Instrument im europäischen Rechtshilfeverkehr ist der Europäische Haftbefehl (EuHb), der seit 2004 die grenzüberschreitende Festnahme und Überstellung von Personen von einen in den anderen Staat erleichtert. Der EuHb ist mehr als nur eine Fahndungsmaßnahme – er beinhaltet bereits das Ersuchen um Festnahme und Überstellung der verfolgten Person.

Die damit einhergehenden Eingriffe in die Freiheitsrechte gehen zuweilen über die mit einem nationalen Haftbefehl verbundene Freiheitsbeschränkung hinaus. Denn die Vollstreckung geschieht in einem anderen Land, welches nicht die Ermittlungen betreibt und in aller Regel mit der Anordnung von Auslieferungshaft einhergeht. Neben einer Auslieferung in einen anderen EU-Mitgliedstaat drohen langwierige Haftzeiten von bis zu 120 Tagen im Vollstreckungsstaat und eingeschränkte Rechtsmittelmöglichkeiten, da die Gerichte des Vollstreckungsstaates den EuHb nur begrenzt überprüfen können. Während der Überstellung bestehen zum Teil Rechtsschutzdefizite; es kann außerdem aufgrund von Verzögerungen durch Rechtsmittelverfahren zu Verlängerungen der Auslieferungshaft kommen.

Deutschland stellte im Jahr 2022 insgesamt 3222 Europäische Haftbefehle aus – so viele wie kein anderes europäisches Land. An diesen Zahlen lässt sich die Bedeutung des Auslieferungsrechts erkennen, in dem die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in unserem Büro schon lange regelmäßig tätig sind. Im Jahr 2005 wurde infolge der von Rechtsanwältin Gül Pinar geführten erfolgreiche Verfassungsbeschwerde das damalige – erste – Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz – EuHbG) vom 21. Juli 2004 aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3, Art. 16 Abs. 2 und Art. 19 Abs. 4 des GG für nichtig erklärt. Das Bundesverfassungsgericht hielt hierbei fest (2 BvR 2236/04 = BVerfGE 113, 273, Rn. 65):

„[…] Bürger [sollen] nicht gegen ihren Willen aus der ihnen vertrauten Rechtsordnung entfernt werden. Jeder Staatsangehörige soll – soweit er sich im Staatsgebiet aufhält – vor den Unsicherheiten einer Aburteilung unter einem ihm fremden Rechtssystem und in für ihn schwer durchschaubaren fremden Verhältnissen bewahrt werden […].“

Doch auch in aktuelleren Entwicklungen lässt sich erkennen, dass in der Rechtsprechung hierzu noch zahlreiche Unklarheiten bestehen. 2019 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) infolge eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV, dass die deutsche Staatsanwaltschaft nicht die Anforderungen einer unabhängigen Justizbehörde gemäß Art. 6 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses zum EuHb erfüllte. Grund war, dass sie potenziell Weisungen durch die Exekutive unterliegen. Daher dürfen Staatsanwälte und Staatsanwältinnen in Deutschland derzeit keine Europäischen Haftbefehle ausstellen – dies obliegt allein unabhängigen Justizbehörden. Das Thema ist aktuell immer noch Gegenstand der rechtspolitischen Diskussion; im Jahr 2024 hat das Bundesjustizministerium diesbezüglich einen Gesetzentwurf vorgelegt.

Auch darüber hinaus ist das Recht der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen im Zuge der „Effektivierung“ der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität in Bewegung. Bspw. werden die Möglichkeiten der Sicherung und Herausgabe elektronischer Beweismittel innerhalb der EU, also insbesondere über Ländergrenzen hinaus, neu geregelt (sog. E-Evidence-Verordnung). Auch im Bereich der Vermögensabschöpfung soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden „verbessert“, d.h. die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten – noch weiter – erleichtert werden. Die entsprechende EU-Richtlinie ist bereits In Kraft getreten und muss bis November 2026 in nationales Recht umgesetzt werden.

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